Neue Anforderungen an die Statuten nach dem revidierten Aktienrecht ab 1. Januar 2025

Das Schweizer Aktienrecht wurde 2023 umfassend revidiert. Die neuen Vorschriften führen zu bedeutenden Veränderungen, die Unternehmen betreffen und zeitnah umgesetzt werden müssen. Viele Statuten entsprechen nicht mehr den aktuellen Anforderungen und bedürfen daher einer Anpassung. Doch welche Schritte sind notwendig, um diese Änderungen umzusetzen und die rechtliche Konformität sicherzustellen? In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen und zeigen Ihnen auf, wie Sie Ihre Statuten fristgerecht aktualisieren können.

Warum sind Statutenänderungen notwendig?

Mit der Revision des Aktienrechts wurden viele Regelungen modernisiert und flexibilisiert. Das Ziel: Unternehmen sollen sich besser auf die sich schnell verändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen einstellen können. Diese Änderungen haben jedoch zur Folge, dass viele bestehende Statuten nicht mehr mit dem neuen Recht konform sind. Unternehmen, die ihre Statuten nicht bis zum 1. Januar 2025 anpassen, laufen Gefahr, in rechtliche Unsicherheiten zu geraten und potenziellen Haftungsrisiken ausgesetzt zu sein. Noch bleibt ein wenig Zeit bis zum Jahresende, doch sollte man sich rechtzeitig damit auseinandersetzen.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

1. Flexibilisierung des Aktienkapitals
Das neue Recht bietet mehr Flexibilität bei der Kapitalstruktur. Es wurde das sogenannte „Kapitalband“ eingeführt, welches eine flexiblere Kapitalerhöhung oder -herabsetzung innerhalb eines bestimmten Rahmens ermöglicht. Dieses Instrument erlaubt es Unternehmen, die Höhe des Aktienkapitals innerhalb eines vorab festgelegten Rahmens zu verändern, ohne eine separate Änderung der Statuten vornehmen zu müssen.

Was bedeutet das konkret?

  • Kapitalerhöhung und -herabsetzung: Unternehmen können ihre Kapitalstruktur dynamischer gestalten, indem sie das Kapital innerhalb des festgelegten Rahmens erhöhen oder senken. Dies kann beispielsweise erforderlich sein, um auf sich ändernde Marktbedingungen oder Investitionsbedarfe schnell zu reagieren.
  • Vereinfachte Anpassungen: Anstatt für jede Änderung des Aktienkapitals eine Generalversammlung einzuberufen und die Statuten zu ändern, können Unternehmen nun innerhalb des Kapitalbands flexibler agieren. Dies spart Zeit und Verwaltungsaufwand und ermöglicht eine schnellere Anpassung an die finanziellen Anforderungen des Unternehmens.

Zusätzlich erlaubt das neue Recht die Führung des Aktienkapitals in Fremdwährung. Dies kann für international tätige Unternehmen von Vorteil sein, da sie ihr Kapital nun in der Währung führen können, in der die Hauptgeschäftstätigkeit oder die wesentlichen Einnahmen erzielt werden.

Was bedeutet das konkret?

  • Reduzierung von Währungsrisiken: Unternehmen, die in mehreren Währungen operieren oder Einnahmen in Fremdwährung erzielen, können nun ihr Aktienkapital in der entsprechenden Fremdwährung führen. Dies reduziert das Risiko von Währungsumrechnungsdifferenzen und erleichtert die Finanzplanung.
  • Einfache Anpassung an internationale Geschäftsmodelle: Für international tätige Unternehmen kann es einfacher sein, das Kapital in der Währung zu führen, in der auch die wesentlichen finanziellen Transaktionen stattfinden. Dies vereinfacht die Rechnungslegung und die Verwaltung des Kapitals.

Um von diesen Neuerungen zu profitieren, müssen die Statuten des Unternehmens entsprechend angepasst werden. Insbesondere sollten folgende Punkte klar geregelt sein:

  • Kapitalband: Der Rahmen für die flexible Kapitalerhöhung oder -herabsetzung muss in den Statuten definiert werden. Dies umfasst die Höhe des maximalen und minimalen Kapitals, das ohne zusätzliche Statutenänderung verändert werden kann.
  • Fremdwährungsführung: Falls das Unternehmen sein Aktienkapital in Fremdwährung führen möchte, müssen die Statuten eine klare Regelung enthalten, die dies ermöglicht. Dabei sollten auch Umrechnungskurse und andere relevante Details berücksichtigt werden.
Gesetzliche Grundlagen

2. Modernisierung der Generalversammlungen: Virtuelle und hybride Versammlungen

Das revidierte Aktienrecht bringt bedeutende Neuerungen bei der Durchführung von Generalversammlungen mit sich. Diese Anpassungen spiegeln die Anforderungen und Gegebenheiten einer zunehmend digitalisierten Geschäftswelt wider und bieten Unternehmen mehr Flexibilität bei der Organisation ihrer Versammlungen.

2.1. Virtuelle Generalversammlungen

Definition und Vorteile:

  • Virtuelle Generalversammlungen ermöglichen es den Aktionären, vollständig über digitale Plattformen teilzunehmen, ohne physisch anwesend sein zu müssen.
  • Vorteile: Diese Form der Versammlung spart Reisezeiten und -kosten, erleichtert die Teilnahme für internationale Aktionäre und kann zu einer höheren Beteiligung führen. Zudem reduziert sie das Risiko von Ansteckungen in Zeiten von Gesundheitskrisen.

Anforderungen und Regelungen:

  • Statutenanpassung: Um eine virtuelle Generalversammlung durchzuführen, müssen die Statuten ausdrücklich die Möglichkeit zur Teilnahme und Durchführung über digitale Kanäle vorsehen. Dies umfasst Regelungen zur Identitätsprüfung der Teilnehmer, zur digitalen Stimmabgabe und zur Sicherstellung der Vertraulichkeit und Integrität der Sitzung.
Gesetzliche Grundlagen

2.2 Hybride Generalversammlungen

Definition und Vorteile:

  • Hybride Generalversammlungen kombinieren physische und virtuelle Teilnahme. Aktionäre können entweder vor Ort oder über digitale Mittel teilnehmen.
  • Vorteile: Diese Art der Versammlung bietet Flexibilität und ermöglicht es Unternehmen, eine breitere Beteiligung zu ermöglichen, da sowohl physische als auch virtuelle Teilnahmeoptionen zur Verfügung stehen.

Anforderungen und Regelungen:

  • Statutenanpassung: Auch bei hybriden Generalversammlungen müssen die Statuten klare Regelungen enthalten, die sowohl die physische als auch die virtuelle Teilnahme ermöglichen. Die Statuten sollten festlegen, wie die Teilnahme und Stimmabgabe digital organisiert werden, um eine reibungslose und rechtlich korrekte Durchführung zu gewährleisten.

2.3. Weitere wichtige Überlegungen

  • Technische Infrastruktur: Für die erfolgreiche Durchführung von virtuellen oder hybriden Generalversammlungen ist eine zuverlässige technische Infrastruktur erforderlich. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die eingesetzten Plattformen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und eine sichere und stabile Verbindung bieten.
  • Datenschutz und Sicherheit: Der Schutz personenbezogener Daten und die Sicherheit der digitalen Kommunikation sind von entscheidender Bedeutung. Unternehmen sollten sicherstellen, dass alle erforderlichen Datenschutzmassnahmen eingehalten werden und dass die Daten der Teilnehmer geschützt sind.
  • Transparenz und Dokumentation: Die Durchführung der Versammlung, einschliesslich der Stimmabgabe und der Protokollierung der Entscheidungen, muss transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden. Dies ist wichtig für die Rechtssicherheit und für die Nachvollziehbarkeit der Beschlüsse.

3. Geschlechterrichtwerte und Transparenzanforderungen

In der Schweiz gibt es seit dem 1. Januar 2021 neue Vorschriften zur Geschlechterdiversität in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen von börsennotierten Unternehmen. Diese Vorschriften zielen darauf ab, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Unternehmen sind verpflichtet, Ziele für die Geschlechterdiversität zu setzen und darüber zu berichten. Während die strengeren Anforderungen an Geschlechterrichtwerte vorrangig für börsennotierte Unternehmen gelten, gibt es auch für nicht börsennotierte Unternehmen gewisse Empfehlungen zur Diversität, die von verschiedenen Institutionen und Verbänden gefördert werden. Es gibt jedoch keine verpflichtenden gesetzlichen Quoten für nicht börsennotierte Unternehmen, wie es bei börsennotierten der Fall ist.

Die Anforderungen an die Transparenz wurden ebenfalls verschärft, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Börsennotierte Unternehmen müssen nun detailliertere Informationen über ihre nachhaltigkeitsbezogenen Aktivitäten und Risiken bereitstellen. Dies umfasst oft die Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten (ESG). Auch nicht börsennotierte Unternehmen müssen zunehmend Anforderungen zur Transparenz und Nachhaltigkeit erfüllen. Die Schweizer Gesetzgebung fordert von grösseren Unternehmen (gemäss ihrer Grösse und Branche) eine klare Offenlegung ihrer Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte. Dies kann durch das Obligationenrecht (OR) oder spezifische Richtlinien und Standards wie die Swiss GAAP FER oder die ESG-Kriterien geschehen.

4. Einführung von Zwischendividenden: Mehr Flexibilität bei der Gewinnverteilung

Das revidierte Aktienrecht bietet Unternehmen die Möglichkeit, Zwischendividenden einzuführen. Diese Neuerung stellt eine bedeutende Flexibilisierung bei der Ausschüttung von Gewinnen dar und kann für viele Unternehmen vorteilhaft sein. Hier sind die wesentlichen Aspekte und Anforderungen im Detail:

4.1. Was sind Zwischendividenden?

Definition:

  • Zwischen- oder auch Interimsdividenden sind Dividenden, die ausserhalb des regulären Hauptversammlungstermins ausgezahlt werden. Sie können zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr gezahlt werden, beispielsweise nach Quartalsabschlüssen oder in der Mitte des Geschäftsjahres.

Vorteile:

  • Flexibilität: Unternehmen können ihre Gewinne flexibler verteilen, ohne auf die jährliche Hauptversammlung warten zu müssen. Dies ist besonders nützlich für Unternehmen, die über gute Liquidität verfügen und den Aktionären regelmässige Ausschüttungen bieten möchten.
  • Liquiditätsmanagement: Durch die Möglichkeit der Interimsdividenden können Unternehmen ihre Liquidität besser steuern und den Aktionären zeitnah einen Teil der Gewinne zukommen lassen.
Gesetzliche Grundlagen

4.2. Gesetzliche Anforderungen und Regelungen

Statutenanpassung:

  • Um Interimsdividenden auszuschütten, müssen die Statuten des Unternehmens entsprechend angepasst werden. Die Statuten sollten klare Regelungen zur Möglichkeit und den Bedingungen der Ausschüttung von Interimsdividenden enthalten. Dies umfasst:
    • Zeitpunkt und Bedingungen: Die Statuten sollten angeben, unter welchen Bedingungen und zu welchen Zeitpunkten Interimsdividenden ausgezahlt werden können. Es kann festgelegt werden, ob sie auf Basis von Zwischenabschlüssen oder anderen Kriterien erfolgen.
    • Höhe und Berechnung: Es sollte geregelt werden, wie die Höhe der Interimsdividenden berechnet wird und welche finanziellen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um diese auszuzahlen.

Finanzielle Voraussetzungen:

  • Verfügbarkeit von Mitteln: Interimsdividenden dürfen nur aus denjenigen Mitteln ausgeschüttet werden, die rechtlich verfügbar sind, d.h., das Unternehmen muss über ausreichende Mittel verfügen, um die Ausschüttung zu leisten, ohne seine Zahlungsfähigkeit zu gefährden.
  • Bilanzierung und Berichterstattung: Die Auszahlung von Interimsdividenden muss in der Buchführung und in den Zwischenberichten ordnungsgemäss dokumentiert werden. Dies gewährleistet Transparenz und Compliance.

4.3. Umsetzung und Kommunikation

Interne Vorbereitung:

  • Beschlussfassung: Die Einführung von Interimsdividenden erfordert einen Beschluss durch den Verwaltungsrat oder die zuständigen Organe des Unternehmens, abhängig von den Regelungen in den Statuten.
  • Kommunikation an Aktionäre: Aktionäre sollten über die geplanten Interimsdividenden und deren Bedingungen transparent informiert werden, um Vertrauen und Zufriedenheit zu fördern.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

1. Prüfung der bestehenden Statuten: Lassen Sie Ihre aktuellen Statuten von Experten überprüfen, um festzustellen, welche Anpassungen notwendig sind. In den meisten Fällen sind mehrere Artikel betroffen.

2. Beratung durch Fachleute: Da die Anpassung der Statuten rechtliche Expertise erfordert, empfehlen wir, sich von einem spezialisierten Treuhänder oder Anwalt beraten zu lassen. Wir stehen Ihnen dabei gerne zur Seite und helfen Ihnen, die neuen gesetzlichen Vorgaben korrekt in Ihren Statuten umzusetzen.

3. Beschluss in der Generalversammlung: Die geänderten Statuten müssen von den Aktionären in einer Generalversammlung genehmigt werden. Eine sorgfältige Vorbereitung ist hier entscheidend.

Fazit: Jetzt handeln, um Risiken zu vermeiden

Die Anpassung der Statuten ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Chance, die Unternehmensführung zu modernisieren und besser auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Die Frist zur Umsetzung der neuen Vorgaben läuft am 1. Januar 2025 ab. Nutzen Sie die Gelegenheit, um Ihr Unternehmen optimal in die Zukunft zu führen!

Wir unterstützen Sie gerne bei der Überprüfung und Anpassung Ihrer Statuten. Lassen Sie uns gemeinsam sicherstellen, dass Ihr Unternehmen weiterhin rechtskonform ist und gleichzeitig von den neuen Möglichkeiten profitiert.